Es war mir das große Glück vergönnt, auf einem traditionellen, familiengeführten Hof aufwachsen zu dürfen. Das Leben meiner Familie und folglich auch meines fand zum Großteil im Freien und im Stall statt. Mit uns auf dem Hof lebten Kühe, Schweine, Hühner, Katzen, meine Hündin Mira und mein Meerschweinchen Zottel. Wobei das erste Tier, für das ich zuständig war, Pipsi hieß und der Gattung der Hausenten angehörte. Sie begleitete mich auf Schritt und Tritt. Noch heute liebe ich den Geruch von feuchtem, dunklem Boden, weil er mich an die Zeit erinnert, als ich zwischen den Rübenreihen hindurchrobbte und dort Verstecken spielte, während meine Familie auf dem Feld arbeitete. Denn Ackerbau und Tierhaltung sind in der traditionellen Landwirtschaft unzertrennlich.
Einen kleinen Teil dieser Erfahrungen versuche ich den Kindern zu ermöglichen, die ihren Kindergeburtstag bei uns feiern. Wir bieten den Kindern an, beispielsweise zu entdecken, woher die Zutaten für einen Kuchen kommen. Mehl, Milch und Butter, Eier, Obst und Gemüse – viele Kinder wissen nur wenig über die Ursprünge unserer Lebensmittel. Für technisch interessierte Kinder gibt es einen Traktor-zentrierten Kindergeburtstag und für die Kindergartengruppen sowie die Kinder von geflüchteten Familien ist der Nachmittag inklusive Melken eine willkommene Abwechslung.
Egal, ob Junge oder Mädchen, egal, ob Säugling oder pubertierender Jugendlicher, ob aufgedreht oder schüchtern, unabhängig von der Nationalität – Kinder können auf dem Bauernhof jede Menge entdecken.
In meiner Erfahrung ist die erste große Freude der Raum zum Herumrennen, in dem geschrien werden darf – und die Wiese, die zum Spielen einlädt. Die Begegnung mit Obstbäumen schärft bei manchen Kindern zum ersten Mal den Blick fürs Detail der Pflanzen: Wie sieht die Architektur des Baumes aus, wie seine Blätter? Wie fühlt sich die Rinde an und welche Unterschiede kann man zwischen verschiedenen Äpfeln und Apfelsorten schmecken? Im Stall gehen manche stürmisch auf die Tiere zu, manche kostet es Überwindung, ein Tier zu berühren, und doch pegeln sich alle schnell auf das richtige Maß an Respekt vor den Lebewesen ein.
Und dann ist da natürlich noch das „Helfen“ – sei in der Form zu füttern, sauber zu machen oder eine Kuh zu melken. Es ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, in denen Kinder mitwirken und sie die Folgen ihres Tuns dann unmittelbar sehen können. Das gibt Selbstbewusstsein plus zu recht Respekt von den Erwachsenen.
Ein positiver Nebeneffekt des Bauernhofbesuches in medizinischer Hinsicht wird noch tiefergreifend untersucht, fest steht aber schon: Der frühe Kontakt zu Natur und besonders zu Stallluft in Kuhställen lässt die Wahrscheinlichkeit, später an einer Allergie oder allergischem Asthma bronchiale zu erkranken deutlich sinken. Belegt sind bisher positive Effekte von Bakterien, die auf Tieren leben, unbehandelter Kuhmilch und Staub.
Wenn auch in Ihrer Nähe ein Hof Produkte direkt vermarktet, bin ich mir sicher, dass sich nicht nur Ihr Kind, sondern auch die Hoffamilie über einen Besuch freuen werden. Viele Bauern sind dankbar für das Interesse und erklären gerne, wie alles funktioniert.
Nur Mut und viel Spaß!
Eure Carina.
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