Wie sollte mein perfekter Junggesellinnenabschied aussehen? Davon hatte ich genau so wenig eine Vorstellung wie von meiner Traumhochzeit. Ich hatte auch ehrlich gesagt wenig Gelegenheit, darüber nachzudenken. Seit der Verlobung mit meinem Traummann Andi war ich irgendwie überfordert mit der Wahl der Location, der Torte, der Gästeliste und des Traumkleides … sodass ich es nicht schaffte, mich mit Freude auf die Planung der Hochzeit zu stürzen. Doch irgendwann hatten wir einen Termin beim Standesamt. Und nachdem ich meine liebe Freundin Anna zu meiner Trauzeugin ernannt hatte, malte ich mir immer häufiger meinen Junggesellinenabschied aus.
Es sollte ein rauschendes Fest werden, eine Mischung aus all den wilden Wochenenden meiner Studentenzeit, an denen wir nachts ohne einen Plan durch Bremen gezogen waren und die Zufälle auf uns einprasseln ließen. Wäre es so wie damals abgelaufen, hätten wir wahrscheinlich gemütlich Wein getrunken, was Leckeres gekocht – Hauptsache viel Käse –, wären auf dem Weg zu irgendeiner Party noch in ein oder zwei Kneipen gegangen … und vielleicht spontan auf einem Konzert gelandet. Selbstverständlich hätten wir alle ein Bier in der Hand gehabt und in der anderen eine Zigarette – und eine von uns würde mich, die zukünftige Braut, in Seifenblasen hüllen. Vielleicht würden wir barfuß auf der Tanzfläche eines nicht sonderlich gut besuchten Clubs rumspringen. So wie damals in Vietnam. Vielleicht würden wir aber auch Döner essend auf den Dächern einer Bremer WG sitzen und über Gott und die Welt philosophieren, bis die Wolken wieder lila sind. Mit anderen Worten: Wir hätten die Nacht zum Tag gemacht und dabei keinen Drink und Spaß ausgelassen.
Wie konnte es also so weit kommen, dass ich mich eines Samstagabends in einem Wellnesshotel wiederfand, umringt von Mädels in Einheitslook-T-Shirts mit der Aufschrift „Team Braut“, Blumenkränzchen im Haar und einem Glas Wasser in der Hand, die Hauptspeise eines veganen Menüs genießend? Es war gerade mal 20 Uhr und meine Freundin Steffi raunte mir zur, wie müde sie doch sei – und auch ich wollte bald zu Bett gehen. Aber nicht etwa, weil zu viel Wein im Spiel gewesen wäre. Im Gegenteil: Kein Tropfen Alkohol hatte heute meine Lippen berührt. Was war passiert? Steffi und ich haben früher doch gemeinsam die Nächte durchgetanzt! So ändern sich die Dinge: Andi und ich erwarteten bald Nachwuchs und auch Steffi ist seit einem Jahr Mutter – damit gehören wir nun zum Club der dauerhaft Übermüdeten. Also war ich nüchtern und schwanger auf meinem eigenen Junggesellinnenabschied und hatte damit ganz ungewollt meiner Trauzeugin Anna die wohl schwerste Aufgabe, nämlich die Planung dieses Ereignisses, aufgebürdet. Doch sie wäre nicht meine Trauzeugin, wenn sie es – selbst unter diesen erschwerten Bedingungen – nicht geschafft hätte, gemeinsam mit den anderen Mädels einen perfekten JGA zu organisieren.
So wurde ich nicht an einem Samstagmorgen um 6 Uhr mit Pauken und Trompeten überrascht und aus dem Bett geworfen – was dem Baby und mir sicherlich nicht gut getan hätte –, sondern fand bereits einige Tage zuvor eine liebevoll gestaltete Nachricht in meiner Wohnung, die mich auf ein Wochenende mit den Mädels unter dem Thema „Back to the roots“ einstimmte. Und Überraschungen gab es genug an diesem Wochenende! Von überall her waren sie gereist, ob mit dem Flugzeug oder dem Zug. Meine Mädels waren gekommen, um mir ein schönes Wochenende zu schenken. Und damit es sich auch für mich wie eine Bachelorette-Party anfühlte, trugen wir eben die Einheitsshirts, hatten einheitliche Jutebeutel, Sonnenbrillen und Blumenkränzchen dabei und tigerten ganz im Sinne des Mottos „Back to the roots“ durch Freiburg, von wo ich ja eigentlich aus der Nähe stamme und einen großen Teil meiner Jugend verbracht habe. Die Mädels hatten das Bier in der Hand und für meinen Seifenblasenschweif hatte jede ein Döschen Seifenblasen im Jutebeutel – fantastisch! Originell fand ich, dass Anna für jedes Bier und jeden Wein die alkoholfreie Alternative der gleichen Marke für mich besorgt hatte. Außerdem hatte sie Unmengen an Obst und einigermaßen gesunde, schwangerschaftsgeeignete Snacks im Gepäck, als wir mit der Partystraßenbahn durch Freiburg fuhren – viel laufen will eine Schwangere ja nicht. Begleitet wurden wir dabei von den Musikplaylists der vergangenen Jahre, was hier und da Erinnerungen aller Art hervorriefen. Den ersten Tag schlossen wir im Wellnesshotel mit einem veganen Menü als offiziellen Programmpunkt. Geplant war, am nächsten Morgen den Wellnessbereich zu stürmen und das Wochenende bei Massage und Erholung ausklingen zu lassen. Doch auch wenn ich am nächsten Morgen topfit war, waren es meine Mädels, wie nach einem klassischen JGA, ganz und gar nicht. Es war also beinahe so wie ich es mir vorgestellt hatte …
Allerdings haben wir uns an dem Wochenende eines geschworen: Die richtige Party wird nachgeholt, sobald ich abgestillt habe. Doch dafür dürfte momentan, nach monatelanger Abstinenz vom Alkohol, wahrscheinlich schon ein Glas Wein ausreichen – und eigentlich bin ich sowieso schon jeden Tag wach, wenn die Wolken wieder lila werden. 🙂 Und mittlerweile erwartet auch meine liebe Freundin Marleen bald ein Kind. Wer weiß also, wie sich unsere Familienplanung in den nächsten Jahren gestaltet. Aber allein der Gedanke, die Party nachzuholen, ist schön genug.
Es war ein tolles Wochenende, auch wenn die Einzelheiten ganz klassisch nicht verraten werden! Wir hatten viel Spaß, Genuss, tolles Programm und Gespräche – und bestes Wetter im wunderschönen Freiburg! Ich bin unglaublich gerührt, dass meine Mädels keine Kosten und Mühen gescheut haben, um mir einen perfekten, schwangeren JGA zu ermöglichen – besser hätte ich es mir nicht wünschen können!
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