Eins gleich vorweg: Das Bild vom Kinderzimmer meiner Tochter in diesem Artikel ist nicht gestellt. That‘s real! Wenn Lotti in ihrem Kinderzimmer für sich allein spielt, dann sieht es tatsächlich nach spätestens 15 Minuten genau so aus. Ohne Filter oder instagramtauglichen Interieur-Aufnahmen. Als hätte – bildlich gesprochen – die Bombe eingeschlagen. Da sind dann Puzzleteile im kompletten Raum verteilt und manche tauchen erst Tage später wieder auf – und das ist nur ein Beispiel. Aber Lotti liebt das Chaos, kann sich Ewigkeiten alleine beschäftigen und spielt, was das Zeug hält. Spielen ist in den ersten Lebensjahren die wichtigste Art zu lernen. Und Spaß am Lernen ist die Hauptsache. Nur so entfalten Kinder all ihre Möglichkeiten und können sich spielerisch weiterentwickeln – sei es motorisch oder auch geistig. Da hilft als Elternteil nur: Gemütlichkeit.
Einfach mal machen lassen
Mittlerweile bin ich ganz der Meinung, dass es nichts bringt, als Elternteil dem Kind in seine „Schaffungsphase“ reinzureden. Es soll sich alleine ausprobieren können, ohne in seinem Tun begrenzt zu werden – außer natürlich, es bringt sich selbst in Gefahr, dann müssen Mama oder Papa schon einschreiten. Aber Regeln vorzugeben, wie ein Kind mit einem Spielzeug spielen soll, schränkt es in seiner Fantasie ein. Und die treibt manchmal wahnsinnig bunte Blüten. So kombiniert es plötzlich Sachen miteinander, auf die wir Eltern, durch unser logisches Denken eingeschränkt, gar nicht mehr gekommen wären. Und mit jedem „Spiel“ lernt das Kind etwas Neues für sich. Das kann dann in Sachen Bewegung sein, wie es mit Gefühlen umgeht oder einfach neue Erlebnisse, die sich einprägen und verarbeitet werden wollen. Da kennt der Spieltrieb oft keine Grenzen. Es gibt Tage, an denen Lotti die ganze Wohnung auf den Kopf stellt und dann wieder die anderen, an denen sie sich nur für eine einzige Schublade interessiert. Je nach Lust und Laune.
Gelassenheit leben und den Sinn dahinter sehen
Aber noch mal zurück zum eingangs erwähnten Bild: Früher wäre mir so ein Foto mehr als peinlich gewesen. Denn Struktur und Ordnung gehören eigentlich zu meinen Lieblingen. Auch habe ich zu Anfang immer versucht, bereits aufzuräumen, so lange Lotti noch spielte. Mit der Erkenntnis, dass ich dadurch Sachen mehrere Male aufräumen musste und mich das einfach nur Lebenszeit gekostet hat.
Kinder sind doch nur so kurz so klein – und zum Aufräumen habe ich noch genügend Zeit in meinem Leben. Daher nutze ich mittlerweile die Zeit viel lieber, mir die Welt aus Lottis Sicht erklären zu lassen. Diese Momente mit meiner Tochter genieße ich sehr. Und wenn man sich bewusst wird, welchen Sinn Kinder in vielen Dingen sehen, kann man eine gewisse Gelassenheit haben. Toll ist auch, wenn Freunde mit Kindern zu Besuch kommen. Da sieht es zwar auch gleich so aus, aber die Kinder lernen spielend voneinander und wir Eltern können endlich einfach mal quatschen.
Jetzt wird aufgeräumt
Und trotzdem muss irgendwann dann doch aufgeräumt werden. Wir haben das tägliche Aufräumen abends in den Beginn des Zubettgeh-Rituals integriert. Denn wir haben auch bemerkt, dass Lotti nur so auch zur Ruhe findet und entspannt einschlafen kann – ohne dass um sie herum das Chaos herrscht. Da ist sie dann doch ein bisschen wie ich. Dafür haben wir uns was bei der Kita, die Lotti besucht, abgeschaut: Dort wird immer aufgeräumt, während zusammen ein Lied gesungen wird (1,2,3 das Spielen ist vorbei). So machen es Lotti und ich dann auch gemeinsam. Aber es ist natürlich utopisch zu glauben oder gar zu verlangen, dass meine Kleine dieses Chaos jeden Abend wieder komplett beseitigen kann. Daher geben wir ihr kleinere Teilaufgaben, wie z.B.: „Bring mir bitte alle Puzzleteile, die du finden kannst und leg sie in die Schachtel.“ Es ist einfach süß anzusehen, wie sie sich dann über jedes gefundene Teil riesig freut. Oder wir fragen sie, was sie zuerst aufräumen möchte. So funktioniert bei uns das Aufräumen recht gut. Für sie gehört es dazu und sie ist daran gewöhnt. Wichtig ist auch, nicht mitten im Spielen das Aufräumen zu beginnen, sondern auch hier das Kind darauf aufmerksam zu machen, dass es bald Zeit ist. Z.B.: „Komm wir ziehen die Puppen noch an und räumen dann auf, du bist ja sicherlich schon müde.“
Gewiss muss man abwägen, ob Kinder mit etwas wirklich spielen möchten oder ob sie gerade alles nur rausschmeißen. So beobachte ich immer, ob Lotti es witzig findet, Chaos anzurichten oder ob sie sich gerade mit den Sachen wirklich beschäftigt. Wenn sie dann das vierte Holzspielzeug einfach aus der Kiste räumt, bitte ich sie darum, zuerst das andere aufzuräumen. Natürlich funktioniert das nicht immer und zwischendurch räume ich dann doch wieder schnell etwas auf. Aber wenn Lotti dann wieder ihren Musikplayer ausgräbt, um zu tanzen, müssen wir ohnehin schnell aufräumen, damit sie auch ausgiebig Platz hat, um ihre Pirouetten zu drehen.
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