Meine größte Schwäche ist meine Ungeduld. In einer Zeit, in der man immer alles sofort haben kann, sei es eine Antwort per Handy, eine Bestellung übers Internet oder einen Lieblingsfilm zum Streamen, habe ich mit dieser Schwäche auch keinerlei Probleme. Doch als mir der errechnete Termin für die Geburt unseres Sohnes gesagt wurde, musste ich schwer schlucken. Neun Monate! Das sind drei Jahreszeiten, 40 Wochen und über 250 Tage. Diese Rechnung gilt schon seit Tausenden von Jahren, kein technischer Fortschritt und noch nicht mal das Internet konnten daran etwas ändern. Ich beschloss also, weniger ergebnisorientiert zu sein und dafür im Moment zu leben und jeden einzelnen zu genießen. Verschiedene Rituale integrierte ich in meinen Alltag, die nicht nur dem Baby zugute kamen, sondern auch für Kurzweil und Abwechslung sorgten.
Zunächst habe ich versucht, die Zeit der Schwangerschaft durch Meilensteine, Termine und Vorhaben in kleine Zeitabstände zu stückeln. Natürlich steht am Ende die Geburt, aber das dauert ja noch ein paar Monate. In der Zwischenzeit besucht man die Frauenarztpraxis oder bekommt alle vier Wochen Besuch von der Hebamme – ebenfalls Termine, auf die man als schwangeres Paar hinfiebert, um zu hören, welche Fortschritte das kleine Wesen, das da gerade heranwächst, wieder gemacht hat – und gefühlt liegen zwischen jedem Termin ganze Jahre. Also gilt es auch hier, das Zeitgefühl auszutricksen: Wie kann ich sonst noch erfahren, was in meinem Bauch gerade passiert und welche Entwicklungen das Menschlein da macht?
Tipp Nr. 1: Eine Schwangerschafts-App herunterladen. Es gibt tolle Apps (mir hat iMama bzw. iPapa super gefallen), die jede Schwangerschaftswoche beschreiben und sowohl für Mütter als auch für Väter den einen oder anderen Tipp bereithalten. So weit, so gut – nun musste ich mich nur noch wochenweise gedulden, was mir trotzdem noch viel zu lange war! Natürlich habe ich gleich zu Beginn alle Schwangerschaftswochen mit der App rauf und runter analysiert. Ich brauchte etwas, das meine Neugierde täglich befriedigen würde!
Tipp Nr. 2: Durchforste Podcasts und Youtube-Channels. Meine täglichen Begleiter: Geburt mit Flow von Jennifer Wolf auf Spotify und lailamariawitt auf Youtube. Insbesondere Podcasts eignen sich hervorragend, um die Fahrt zur Arbeit aufzuwerten und ganz nebenbei erhält man neue Denkanstöße und Inspirationen, wie man seine Schwangerschaft gestalten möchte – und wie man sie noch besser genießen kann.
Und da kommen wir schon zu Tipp Nr. 3: Make yourself a treat. Jeden Monat habe ich mir etwas Schönes gegönnt. Mal war ich bei einer Massage, bei Mani- und Pediküre, habe mir einen tollen Fummel geleistet und als es gegen Ende ging eine Designerhandtasche. Muss natürlich nicht sein und sollte jeder für sich selbst entscheiden, aber eines ist für jede Schwangere ganz sicher wichtig: Essen!
Tipp Nr. 4: Werde zum Restaurantkritiker! Fast jedes Wochenende sind Andi und ich Essen gegangen. Somit konnten wir die Vorzüge unserer Zweisamkeit noch genießen und ich meine Gelüste stillen – ganz ohne zu kochen.
Doch natürlich geht es in der Schwangerschaft nicht nur darum, endlich alles in sich hineinstopfen zu können. Ganz im Gegenteil, denn einen Marathon läuft man schließlich auch nicht, ohne davor trainiert zu haben. Tipp Nr. 5: Keep moving! Gut, für einen Marathon muss man in der Schwangerschaft nicht trainieren, aber eine Geburt erfordert ein gesundes Maß an Kondition und die hielt ich mit täglichen, strammen Spaziergängen aufrecht und bis zum zweiten Trimester war ich gelegentlich schwimmen. Hier muss wahrscheinlich jeder für sich ein bisschen herumprobieren, was einem gut tut und nicht zu anstrengend ist.
Und wo wir gerade beim Thema Gesundheit sind, kommt hier auch gleich Tipp Nr. 6: Stay healthy! Na klar habe ich über Wochen täglich Eis gegessen und mich zeitweise nur von Brezeln ernährt. Einfach weil mich total gesunde Produkte wie Rohkostteller extrem angewidert haben. Doch um gleich am Morgen das Thema healthy abzuhaken, habe ich mir täglich ein gesundes Frühstück gemacht: Spinat, Haferflocken, Banane, gesunde Samen und Körner und sonstiges Obst einmal durch den Smoothiemixer gehäckselt … und runter damit – fertig! Wo ist meine Brezel!?
Tipp Nr. 7: Organisiere dich neu. Hier schwingt ganz viel Nestbautrieb mit, allerdings habe auch ich selbst mich versucht zu sortieren: meine Gedanken, meine Sorgen, Vorhaben, Ängste und Spannungen. Wie? Zum Beispiel mit Meditation und Yoga als Teil meiner Morgen- und Abendroutine. Bei Letzterer haben wir jeden Abend vor dem Schlafengehen die Wohnung einmal kurz aufgeräumt, um den nächsten Tag „beschwerdefrei“ und mit klarem Kopf beginnen zu können. Außerdem zog eine kleine Spieluhr in unser Bett ein, die wir jeden Abend abspielten, um dem Baby zu signalisieren: jetzt wird geschlafen. Und die Spieluhr hört Henry natürlich noch heute, wenn wir ihn ins Bett bringen. Sozusagen als letzten Programmpunkt am Abend.
Und der letzte Tipp für deine kurzweilige Schwangerschaft: Nr. 8: Werde kreativ! Ich habe beispielsweise angefangen, Gitarre zu spielen und nähe nun auch. Außerdem haben Andi und ich ein eigenes Schwangerschaftsshooting gemacht und die Filter unserer Handykameras bis zum Limit ausgereizt. Das sind dann auch solche Kleinigkeiten, die man sich ausdenken und planen kann. Motiv, Location, Effekte, usw. Aber das sind wahrscheinlich einmalige Geschichten. Was die lange Zeit der Schwangerschaft, die drei Jahreszeiten, neun Monate und 40 Wochen am eindrücklichsten einfängt, ist ein wöchentliches Foto vom Babybauch. Wir hatten es uns vorgenommen, doch trotz der vielen, vielen Möglichkeiten während der über 250 Tage, haben wir dann doch keine Zeit dafür gefunden! So wurden aus circa geplanten 40 Bildern nicht mal ein Dutzend, was zwar schade ist, aber für mich in gewisser Hinsicht auch ein Indiz dafür ist, dass es geklappt hat, meine Schwangerschaft kurzweiliger zu gestalten.
Posted on Categories Zusammen leben