Man hat selbst noch gar keine Kinder … und trotzdem hat jeder das Bild im Kopf vom auf dem Boden liegenden, schreienden Kind im Supermarkt, mit der armen, übermüdeten Mutter, die über das Kind gebeugt ist und leise und beschämt auf dieses einredet. Und keiner möchte in diesem Moment mit dieser Frau tauschen und wirft ihr nur mitleidige Blicke zu. Und es reicht ein einziges Wort und jeder hat genau dieses Bild im Kopf. Hallo, Trotzphase!
Was ist trotzig?
Laut dem Duden ist ein trotziges Kind hartnäckig bestrebt, seinen eigenen Willen durchzusetzen oder widersetzt sich dem Eingriff eines fremden Willens – und das besonders dann, wenn das Kind bestimmte Regeln einhalten soll oder muss. Die Trotz-Hochphase liegt zwischen dem 2. und 3. Geburtstag und sie scheint alle Eltern zu treffen, denn egal, mit wem man spricht: jeder kann ein Lied davon singen. Ob es die Uroma ist oder die andere Mama auf dem Spielplatz, jede hat eine „terrible two“-Geschichte auf Lager. Und desto länger sie her ist, desto mehr kann man darüber lachen. Es gibt unzählige Ratgeber; der Bedarf an Informationen scheint also sehr hoch zu sein.
Best Practice: ruhig bleiben
Auch uns ist es passiert … und das nicht nur ein Mal. Lotti lag schreiend auf dem Boden: in der Fußgängerzone, im Restaurant und im Zoo. Das erste Mal bin ich im Boden versunken und habe so schnell wie möglich versucht, ihr wieder aufzuhelfen und sie ins Auto zu bringen, während Lotti noch immer schrie. Bei den weiteren Malen hat uns am meisten geholfen, wenn ich ruhig bei ihr stehen geblieben bin und es gelassen genommen habe. Eine andere Mama hat sich mal neben mich gestellt und mir tröstend gesagt, dass das alle durchmachen … und dass es vorbei geht. Ehrlich gesagt war das so viel besser als die ganzen strafenden Blicke der anderen Leute. Es gibt Dinge, die muss man einfach aushalten und abwarten – und in dem Moment ist es egal, was andere Leute denken. Dann tief durchatmen … und reden … oder manchmal hat es auch ausgereicht, Lotti einfach in den Arm zu nehmen.
Regeln und Konsequenz
Es gibt im Leben Regeln, die muss ein Kind befolgen – besonders, wenn es um die Sicherheit des Kindes oder anderer geht. Dann gibt es Regeln, die Eltern für sich entscheiden müssen, ob sie sie aufstellen oder nicht. Das sind dann beispielsweise Süßigkeiten vor dem Essen oder auch Fernsehen, wo es nur drei Geschichten vor dem zu Bett gehen zu sehen gibt oder aufräumen. Das Wichtigste dabei ist, konsequent zu sein und konsequent zu bleiben. Nur wenn ich mir sicher bin, dass die Regel meines Erachtens wichtig ist und ich in der Lage bin, sie konsequent umzusetzen, kann mein Kind sie auch verstehen. Vielleicht nicht beim ersten Mal – aber bei den nächsten. Wir Erwachsenen müssen uns aber auch der Konsequenzen bewusst sein. Es ist doch selbstverständlich, dass, wenn ein Kind mit zum Einkaufen geht und an zig Spielsachen vorbei laufen muss, es auch die ein oder andere Sache haben möchte. Geht uns beim Shoppen doch nicht anders, nur wissen wir, dass wir nicht das Geld für alles haben.
Nicht alles als Trotz abstempeln
Oft hilft es mir, mich in Lotti hineinzuversetzen. Als Erste heimgehen zu müssen beim Spielen, weil Mama noch einen Termin hat, ist doof, da darf man auch mal motzen. Und wenn das Lieblingsauto im riesengroßen Loch verschüttet worden ist, dann möchte ich es auch wieder haben, komme was wolle. Einmal hatte ich ein zuckersüßes Faschingskostüm gefunden. Lotti schmiss sich auf den Boden und fand es furchtbar. Ich hatte gehofft, am nächsten Tag würde sie es besser finden. Aber sie hatte ihre Meinung nicht geändert, das Kostüm hat ihr einfach nicht gefallen. Also sind wir am nächsten Tag zusammen in den Laden gegangen und sie hat sich überglücklich ein Feenkostüm ausgesucht. Daher würde ich das auch nicht als trotzig abtun – sondern als willensstark … und es macht mich stolz, dass die kleine Maus schon ganz genau weiß, was sie möchte.
Im Endeffekt wollen wir sie doch zu kleinen Individuen erziehen, die im Leben zielstrebig und ehrgeizig sind, bei den Dingen die ihnen wichtig sind. Wir Erwachsenen neigen dazu, wenn es anstrengend wird, die Kinder zurechtzuweisen mit allen möglichen Regeln, anstatt ihnen auch den nötigen Freiraum zu geben, sich selbst auszuprobieren – sei es im Kleinkindalter oder in der Pubertät. Deswegen sollte man nicht immer alles als Trotz abstempeln, sondern auch mal zuhören. Schließlich wollen auch die ganz Kleinen gehört werden. Ansonsten: tief durchatmen und die Gewissheit haben, dass man nicht allein mit dem Problem auf dieser Welt ist.
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