Von einem bin ich fest überzeugt: Sportliche und geistige Leistungen widersprechen sich nicht. Im Gegenteil: Sie ergänzen sich viel eher perfekt. Schon während meiner Zeit am Hohenstaufen Gymnasium waren mein Juniortrainer im Rudern und ich uns einig, dass die Schule genauso wichtig ist wie der Sport. Da gab es nie ein „entweder oder“. Darum sehe ich die Einstellung von Trainern zur Bildung – und ob sie ihre Athleten auch auf ihrem Weg außerhalb des Sports unterstützen – als einen der elementarsten Bausteine für eine „duale Karriere“ an. Zumal ich neben dem Sport auch andere ehrgeizige Ziele hatte: Zum Ende meiner Schullaufbahn musste ich auf eine gute Abiturnote hinarbeiten, um Chancen auf einen der begehrten Studienplätze in der Humanmedizin zu haben. Und das hat glücklicherweise auch geklappt.
„Duale Karriere“ ist übrigens der Fachbegriff dafür, dass Sportler aus Sportarten, die nicht genug finanzielle Mittel abwerfen, um davon leben zu können, sich parallel zu ihrem Sport, um eine berufliche Zukunft kümmern. Für den Alltag eines Sportlers bedeutet das viel Organisation und Kommunikation mit den beteiligten Parteien, eiserne Disziplin und leider auch häufig müde zu sein. Aber mit Glück und Hingabe macht es einen zu einem starken und unabhängigen Menschen.
Damit es so weit kommt, müssen allerdings auch die Rahmenbedingungen stimmen, wie beispielsweise eine kooperative Universität, ein professionell eingerichteter und ausgestatteter Olympiastützpunkt, das private Umfeld mit der Familie und am besten noch Mitstreiter, die dasselbe machen. Dass Maximilian Reinelt und ich gemeinsam studiert und gerudert haben war ein großes Geschenk. Wir haben uns zu jedem Zeitpunkt gegenseitig unterstützt. Außerdem konnte ich durch den Sport viele Erfahrungen machen, die mir auch im Berufsalltag im Krankenhaus helfen werden: gut im Team zu arbeiten, verantwortungsvoll zu handeln und mich selbst gut einschätzen zu können – um nur drei zu nennen.
Und man muss flexibel sein: In den beiden Semestern vor den olympischen Spielen mussten wir wegen vieler Trainingslager im Ausland auf Unibesuche verzichten und stellten den Sport ganz in den Vordergrund. Deshalb bin ich erst später in mein „Praktisches Jahr“ gestartet. Doch das Warten hat sich gelohnt. Es macht mir Freude, jetzt wirklich viel mit Menschen zu tun zu haben und die Anwendung der Theorie kennenzulernen. Am besten ist natürlich, dass ich langsam aber sicher immer mehr selbst tätig werden darf – und ab Dezember 2017 dann nach acht Jahren Studium hoffentlich approbierte Ärztin bin.
In der Freizeit aktiv für die gute Sache
Nachdem ich meine Karriere im Leistungssport beendet habe, gehört es zu meinen neuen Freiheiten, mich für Dinge einsetzen zu können, die ich als wichtig und veränderungswürdig ansehe. Und auch wenn es manchmal ein bisschen anstrengend sein kann, tue ich es gerne.
Konkret unterstütze ich in Zusammenarbeit mit dem Möbelhersteller PAIDI die Familienherberge Lebensweg, welche kranke Kinder und deren Familien aufnimmt, um sie vom Alltag zu entlasten und ihnen eine kleine Verschnaufpause zu ermöglichen. Darum möchte ich mich dafür einsetzen, dass derartig positive Projekte bekannt werden, um die Anzahl der Unterstützer zu erhöhen.
Außerdem bin ich Botschafterin des Behindertensport Neckarsulm e.V., weil diese Menschen die Bewegung und das gemeinsame Spielen sehr genießen und sie, wie ich finde, ein Recht auf die besondere Unterstützung, die sie dafür benötigen, haben.
Ein besonderes Angebot bietet meine Familie übrigens auch in Bad Rappenau-Babstadt. Denn dort können seit letztem Herbst Kinder, die während ihres Kindergeburtstages gerne einen Bauernhof entdecken möchten, gerne bei uns feiern. Wir sind im Hühnerstall um Eier zu suchen, im Kuhstall um zu füttern und zu melken und auf den Feldern und Wiesen um mehr über Pflanzen und Bäume zu erfahren. Zwischendurch spielen wir Völkerball, Fangen, Fußball oder worauf wir gerade Lust haben. Ganz nebenbei verlieren die Kinder dabei Berührungsängste beispielsweise mit Tieren und lernen, woher unser Essen eigentlich kommt. Es ist mir wichtig, das an die nächste Generation weiter zu geben – und hoffe, dass die Kids sich später auch für eine gute Sache engagieren werden.
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