Kaum ist man schwanger und hat es kundgetan, häufen sich auch schon die vielen (oft ewig gleichen) Fragen. Wann ist es so weit? Bist du dir sicher, dass da wirklich nur eines drin ist? Wisst ihr schon einen Namen? Mit ganz viel Glück hört man ab und zu auch ein: Wie geht es dir?
Eine sehr beliebte Frage ist natürlich auch die nach dem Geschlecht des Kindes. Ich muss gestehen, dass es mir anfangs gar nicht wirklich in den Sinn gekommen ist, dass ich eine Tochter erwarten könnte. Irgendwie stand für mich von Anfang an fest, dass es ein Junge sein würde. Wieso, weiß ich gar nicht genau. Vielleicht, weil ich es mir insgeheim gewünscht habe, nachdem ich selbst mit zwei Schwestern aufgewachsen bin. Ist letztendlich aber ganz egal, denn auch wenn ich es zunächst so gar nicht glauben konnte, dass mein Baby ein Mädchen sein wird, bin ich nun umso glücklicher darüber und kann es mir nicht mehr anders vorstellen.
Einhörner, Glitzer, Rosa, Lila, Pink & Co.
Im Nachhinein glaube ich, dass ein Faktor, der mich in meinen Gefühlen und Wünschen stark beeinflusst hat, die Angst davor war, in einer lila-rosa-pink glitzernden Einhorn-Welt zu landen, in der ich mich und mein Kind so gar nicht gesehen habe. Ich wollte einfach keine kleine Prinzessin haben. Und bei einem Jungen wären all diese Dinge von Anfang an nie ein Thema gewesen. Schließlich gehört es sich doch nicht, dass ein Junge mit Puppen spielt, Glitzer mag oder gar „Mädchen-Farben“ trägt. Oder?
Rosa ist für Mädchen und Blau ist für Jungs? Das muss nicht sein!
Und da war ich nun: Mitten drin in der Welt der Geschlechter-Klischees. Man könnte meinen, man lerne erst, wie wichtig das Geschlecht eines Menschen sein kann, wenn man selbst ein Kind erwartet und die Erstausstattung besorgen möchte. Von zweigeteilten Kinderabteilungen, Spielzeug nur für Jungs oder nur für Mädchen bis hin zu Kleidung, die entweder cool, stark, wild und frech oder aber lieb, verspielt, blumig und zuckersüß ist – diese extreme Trennung und die immer wiederkehrenden Klischees überraschten mich dann doch sehr. Wieso gab es nicht eine schöne bunte Abteilung einfach nur für Kinder?
Mein Kind trägt alle Farben
Ich denke, als Mädchen-Mama ist es dann doch noch etwas leichter zu versuchen, die Klischees zu durchbrechen. Schließlich gibt es bei Mädchen weitaus mehr Akzeptanz für das Tragen einer Hose, als das bei Jungs und zum Beispiel Röcken der Fall ist. Es verblüfft Außenstehende zwar oft, dass mein in „Jungs-Farben“ gekleidetes Kind, welches im Sandkasten mit einem Bagger spielt oder gerade ganz vertieft darin ist, auf „ihrer“ Baustelle zu arbeiten, letztendlich ein kleines Mädchen ist. Aber Hand aufs Herz – das ist doch wirklich egal. Farben sind für alle da, ebenso Spielzeuge, Hobbys oder sonstige Vorlieben. Heutzutage wird man als Elternteil immer dazu angehalten, sein Kind mehr entscheiden zu lassen, wieso ist es dann so schwierig, diese freien Entscheidungen (vor allem, wenn sie nicht den gängigen Klischees entsprechen) zu akzeptieren? Und wieso wird von so vielen Menschen erwartet, dass wir unsere Kinder von Anfang an in eine Schublade stecken und bestimmen, was schön, schick und vermeintlich richtig ist?
Raus aus der #rosahellblaufalle
Kinder sollen einfach nur Kinder sein und frei entscheiden, für was sie sich interessieren und vor allem mit welchen Farben und Dingen sie sich wohlfühlen. Ganz ohne sich dafür schämen zu müssen oder verurteilt zu werden. Ich finde, wir sollten weder Jungs den Zugang zu einer quietsch-rosa glitzernden Welt voller Puppen und Einhörner verweigern, noch die Mädchen daran hindern auf Bäume zu klettern, sich schmutzig zu machen und Bagger fahren zu wollen. Die Welt und das Leben haben so viel zu bieten. Wir sollten wirklich damit aufhören, in Schubladen und Klischees zu denken.
Ich für meinen Teil kann zwar inzwischen immer mehr erahnen, welche Vorlieben meine nun zweijährige Tochter hat. Jedoch möchte ich ihr immer die Wahl lassen und sie nicht durch Klischees einschränken oder ihre Entscheidungen bewerten. Und wenn sie sich eines Tages als Prinzessin in einer fliederfarbenen Puppenwelt am wohlsten fühlt, dann ist das absolut ok – und ebenso, wenn sie sich am liebsten mit Bohrmaschinen oder Piratensäbeln beschäftigt. Denn letztendlich kommt es doch eigentlich nur darauf an, dass sie glücklich ist und Kind sein kann. Oder?
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