„Ich zähle jetzt bis drei!“

Über den Sinn und Unsinn der bekannten Erziehungsmaßnahme

Den meisten Erwachsenen wird dieser Satz aus der eigenen Kindheit in Erinnerung sein: „Ich zähle jetzt bis drei: eins … zwei …“ Egal, ob im Supermarkt, zu Hause oder auf dem Kinderspielplatz. Benahm man sich daneben, gab es den elterlichen Countdown. Die wenigsten hingegen wissen, was eigentlich die Konsequenz gewesen wäre, nach der Drei. In der Regel machte man, was die Eltern wollten, aber war sich sicher: „Wenn ich groß bin, sage ich so etwas nicht zu meinem Kind.“

Viele Jahre später steht man an der Supermarktkasse, der eigene Sprössling tobt, man spricht die magische Formel und beginnt zu zählen.

„Och menno. Wenn ich mal groß bin, zähle ich bei meinen Kindern nicht bis drei.“

Ohne Regeln keine Strafe

Eins, zwei … drei … und dann? Was droht als Konsequenz? Mit welchen Sanktionen muss das Kind rechnen? Alles Drohen und Auszählen hilft in der Regel nicht, wenn gar nicht geklärt ist, was nach der Drei folgt. In der Regel müsste man die eigenen Eltern mal fragen, sollte aber nicht überrascht sein, wenn die eingestehen, dass sie gar keinen Plan B hatten.

Was jedoch dient als gute Strafe? Kein Nachtisch beim nächsten Mittagessen? Eine Auszeit? Fernsehverbot? Alles denkbar. Nur sollte das davor kommuniziert werden – und in Verbindung zur Tat stehen.

Natürlich ist es für einen selbst wichtig, den Zorn und die Wut des Kindes – man beschneidet immerhin dessen Handlungs- und Tatendrang – auch ertragen zu können. Im Augenblick selbst mag das nicht leicht fallen. Doch sind Kinder eher dankbar für klare Regeln.

Bereits ein ausgereiztes Auszählen ohne Konsequenzen offenbart dem Kind die ausnützbare Schwachstelle der Methode. Dem entgegen führt willkürliche Bestrafung zu Trotz anstatt zur dringend nötigen Orientierung. Um den klaren Zusammenhang herzustellen, wird empfohlen, die Konsequenzen bei jüngeren Kindern zeitnah erfolgen zu lassen.

Auf Willkür reagieren die Kleinen mit Trotz.

Start- oder Stoppverhalten

Grundlegend ist bei der Anwendung der 1-2-3-Zählmethode zwischen Start- und Stoppverhalten zu unterscheiden. Bei Startverhalten, wie beispielsweise Zimmer aufräumen oder jetzt schlafen gehen, handelt es sich um Verhalten, das man bei Kindern öfter sehen möchte. Hier ist zählen und mit Konsequenzen drohen eher ungeeignet. Vielmehr muss man die Motivation wecken und unterstützen.

Soll das Kind allerdings etwas jetzt sofort und auch zukünftig unterlassen – schreien, andere auslachen, mit dem Essen spielen, dazwischen brüllen bei Gesprächen, streiten – ist das Stoppverhalten. In diesem Fall funktioniert das Zählen und fungiert zentral gar nicht als Drohung, sondern als Bedenkzeit, um selbst zu einer Entscheidung kommen.

Grenzen

Die Wirksamkeit der Methode endet zumeist nach der Grundschulzeit – welcher Pubertierende will sich schon noch auszählen lassen. In der Regel sind die Grenzübertretungen dann auch längst andere. In diesem Alter hilft im Grunde nur noch inneres Zählen und eine Auszeit nehmen, um sich selbst unter Kontrolle zu halten. Bei frustrierenden Machtkämpfen verlieren beide Seiten.

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