Die Frage, wie viel und ob überhaupt jedes Elternteil arbeiten geht, findet sich vermutlich in jeder Familie mit Baby oder Kleinkind. Wie viel geht? Sollen beide? Geht nur einer? Und wer? Wie rechnet sich das alles überhaupt?
Und dann geht es auch immer um die Frage: Wie viel Zeit verbringe ich an meinem Arbeitsplatz – und wie viel mit meiner Familie? Und vor allem: ab wann? Schon ganz zu Beginn ist man hin- und hergerissen zwischen dem, was man liest und hört, was vielleicht auch die Menschen in der Umgebung sagen oder gar erwarten. Aber was sagt das eigene Herz?
Einerseits vielleicht: „Ich möchte arbeiten gehen, weil ich es gerne mache, weil es mir wichtig ist und weil ich auch einen eigenen Bereich in meinem Leben haben will. Außerdem hab ich studiert und will nicht immer mit Babyrotze vollgeschmiert sein. Ich will auch mal ein Gespräch von Anfang bis zum Ende führen.“ Zum Beispiel. Und schon hat man den Salat: Herzkonflikt! Denn da ist ja das Andererseits. Das, was man jetzt dann auch die elf Monate vor dem ersten Geburtstag praktiziert hat: Mutterwärme ausstrahlen, Knuddeln, Breichen geben, Spielen, Toben, Vorlesen – immer da gewesen sein.
Kita oder Kindergarten?
Und immer ist die Ausgangsfrage mit der von vielen fast schon dogmatisch abgefassten Frage verbandelt: Gebe ich mein Kind noch als richtig kleinen Wurm in die Kita oder warte ich, bis es drei Jahre alt ist, sich – falls ich berufstätig war – meine gesetzlich zugebilligte Elternzeit ihrem natürlichen Ende zubewegt und das Kind in den „normalen“ Kindergarten geht?
Fremdbetreuung ist oft die einzige Möglichkeit
Für mich persönlich hat sich diese spezielle Frage nie wirklich gestellt. Unsere Kinder sind beide mit elf Monaten in die Kita gekommen. Für uns war es die beste Lösung. Auch rückblickend. Und mit „uns“ meine ich meine Kinder und uns Eltern. Ganz pragmatisch muss ich aber auch sagen: die einzige Lösung. Finanziell wie auch geistig.
Zum ersten Punkt: Wer auf zwei Gehälter angewiesen ist, sich in der Phase nach der Komplettausschüttung des möglichen Elterngeldes befindet und keine Oma und keinen Opa im Rentenalter in der Nähe hat, der muss sich schnell für eine Fremdbetreuung entschließen. Ob Tagesmutter oder Kita sei in dem Fall mal dahingestellt. Es sei denn, man steht über den finanziellen Dingen, entschließt sich zur Eigenbetreuung und steckt finanziell tatsächlich sehr zurück. Bis hin zum Hartz-IV-Antrag.
Der zweite Punkt war für mich nicht minder wichtig: Ich wollte wirklich gerne wieder arbeiten. Ich habe immer gerne gearbeitet. Ich habe studiert, mich fortgebildet, bin interessiert. Mir macht es Spaß, mich mit Themen zu befassen, Dinge zu organisieren, im Beruf zu stehen. Das ist zwar anstrengend, fordert mich aber geistig. Ein Kind ist auch anstrengend, fordert aber mehr emotional und physisch.
Ein guter Kompromiss: doppelte Teilzeit
Wichtig an dieser Stelle einzufügen, finde ich, dass es ja auch nicht immer „Ganz oder gar nicht!“ heißen muss. Im Gegenteil. Beide Elternteile haben die Möglichkeit, sich entgegenzukommen. Man muss weder Vollzeitmutti noch Vollzeitpapi sein oder die Kinder als Gegenentwurf von 7 Uhr bis 16.30 Uhr in die Kita schicken. Unser Modell heißt bislang: Wir arbeiten einfach beide Teilzeit (ich 32, mein Mann 35 Stunden). Beide Partner haben also Zeit mit den Kindern und zuhause. Jeder hat seine Aufgaben und beide stehen im Job. Für uns und für die Kinder die optimale Lösung.
Als ich den ganzen Tag „nur“ mit Kind zuhause war, ist mir auch schon ein bisschen die Decke auf den Kopf gefallen. Während man sich so als Neu-Mutti mit dem Kind befasst, haben die Freundinnen ja in der Regel einen Full-Time-Job, stehen also zur Bespaßung von Mutter und Kind eher nicht zur Verfügung. Und wenn die Verwandtschaft auch gerade nicht greifbar ist, hat man eben sich und das Kind. Das ist schön. Echt. Aber ich finde es eben auch schön, zu arbeiten.
Kinder brauchen Kinder
Außerdem hatte ich den Eindruck, dass dem Kind genauso langweilig war wie mir. Kinder brauchen Kinder. Und zwar auch dann, wenn sie noch nicht so wirklich miteinander spielen. Finde ich.
Gerade Babys und Kleinkinder haben so viel zu entdecken und erforschen und auch nachzuahmen, dass ich es prima finde, wenn sie dies in der Gruppe tun können. Und Muttis eben auch. Für uns hat das prima gepasst. Meine beiden sind immer gerne in die Kita gegangen. Der Rhythmus war vorgegeben, und alle haben profitiert. Die Kinder haben Dinge gelernt, die sie bei mir vermutlich nicht gesehen hätten. Und auch Dinge gelernt, die sie ohne andere Kinder und mit den vielen Möglichkeiten einer Kitagruppe nicht zu diesem frühen Zeitpunkt ihres Lebens gelernt hätten. Und sie haben viele Menschen – große und kleine – kennengelernt. Und sie hatten Action. Für uns war das genau richtig.
Aber warum hinterfragt man sich ständig?
Und dennoch gab und gibt es die Tage, an denen man sich fragt: Musst du nicht eigentlich mit deinem Kind drei Stunden durchs Dorf latschen und es selbst bekochen und ständig bespielen? Und warum fragt man sich das trotzdem, obwohl man eigentlich zufrieden mit der eigenen Lösung ist? Antwort: Weil dann doch so viele Muttis um dich rum das so anders machen. Und muss ich das so machen wie die anderen? Geht es deren Kindern denn objektiv besser? Sind die Kinder schlauer? Nee, nämlich gar nicht. Und ich muss mich diesbezüglich auch nicht dauernd in Frage stellen. Weil ich ich bin und mein Kind mein Kind ist. Es ist glücklich und froh und ausgeglichen und schmust noch genauso gern mit mir wie vor der Kitazeit. Es hat nur ein paar mehr Bezugspersonen, die es eben auch gern mag und von denen es auch super Sachen lernen kann.
Aber nur weil der Weg für uns der richtige ist, muss er es ja noch lange nicht für eine andere Familie sein. Familien, Eltern, Kinder – da ist jeder unterschiedlich. Und jeder hat andere Bedürfnisse. Eltern wie Kinder.
Hört auf, euch mit anderen zu vergleichen!
Und da liegt glaube ich der Hase im Pfeffer: Ständig vergleicht man sich und sein Kind. Weil man unsicher ist. Man will dem Kind das Beste mitgeben. Aber was ist das Beste? Man will ihm eine schöne Kindheit bescheren. Dringend. Und dann sind da Menschen, die es anders machen und die es komisch finden, wenn man z. B. 30 Stunden arbeiten gehen will, obwohl das Kind „doch noch ein Baby ist“. Man hat vielleicht auch ein bisschen Angst, dass einem das eigene Kind schon so früh wieder abhandenkommt – rein bindungsmäßig meine ich. Hierzu kann ich aber ein klares: „Totaler Quatsch!“ in die Runde werfen. Bei uns ist keine Eltern-Kind-, Mutter-Kind- oder Vater-Kind-Bindung je gestört gewesen. Im Gegenteil. Vielleicht geht es ja auch gar nicht zwangsläufig um die Frage, was hier das Beste fürs Kind ist, sondern mutmaßlich auch darum, was das Beste für die Eltern ist. Und auch das ist in diesem Fall legitim, finde ich.
Die Argumentation, dass man sein Kind ja nicht bekommen habe, um es dann wegzugeben, lasse ich dagegen nicht gelten. Sie unterstellt denjenigen, die ihre Kinder bereits früh fremdbetreuen lassen, sehr undifferenziert einen Mangel an Bereitschaft, sich adäquat mit ihren Kindern zu beschäftigen. Nur, dass das anscheinend richtige Maß in diesem Fall offensichtlich diejenigen bestimmen möchten, die eben so argumentieren. Und das ist mir zu egozentrisch und flach.
Die Norm wird vom eigenen Umfeld bestimmt
Es ist wie überall: Die Beantwortung der grundsätzlichen Frage, ob ich mein Kind bereits früh in eine Kita geben möchte oder bis zum regulären Kindergartenalter zuhause lasse, macht sich auch oft fest an der Norm im eigenen Umfeld. Wenn ich in einem Umfeld lebe, in dem die Kinder überwiegend erst mit drei Jahren in die Welt gelassen werden, dann werden natürlich die Eltern, deren Ansatz abweicht, auch einem anderen äußeren Druck ausgesetzt sein als diejenigen, die konform mit der Masse gehen. Und dies gilt in beide Richtungen. Und ich finde, es ist wie immer: Jeder Mensch, und hier jede Familie, muss den Weg gehen, der für sie der Richtige ist. Und keiner von außen hat das Recht, da seinen Senf dazu zu geben. Und, um das noch kurz klarzustellen: Ein Kind muss sich geliebt und geborgen fühlen und Eltern haben, die ihm genauso entgegen kommen. That’s all.
Wenn dem so ist, dann ist alles gut und die emotionale Fragestellung, ob ein Kind schon früh in die Kita gehen soll oder ob es vom Vollzeitelternteil betreut wird, wird dann vielleicht einfach zur individuellen Fragestellung, über deren Beantwortung niemand zu urteilen hat – außer der Familie selbst.
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