Erziehung ist ein Thema, das einen als Mama in vielen Situationen geradezu verrückt werden lassen kann. Manchmal sitze ich dann da und versetze mich zurück in die Zeit als wir nur Mika hatten, um mir in Erinnerung zu rufen, wie ich damals tickte. Praktisch am Anfang meiner Karriere als Mama.
Wir saßen beim Frühstück. Daniel halb schlafend seinen Kaffee schlürfend. Ich in Gedanken darüber, wie viel Nutella auf meinem Brötchen wohl noch gut schmecken würde. Und Mika auf seinem Stuhl. Unruhig hin und her rutschend, da er in einem Alter ist, in dem er schlichtweg keine Zeit hatte zum Essen. Damit er wenigstens irgendwas aß, hatte er „Zimties“ mit Milch vor sich stehen, die er genüsslich hineinschaufelte. Zimties? – Ja, diese in Zimt und Zucker gewälzten Cornflakes, die sicher nicht für Einjährige gedacht sind. Kaum sah er Papa sein Wurstbrot streichen, saß er auf dem Tisch. Klar, ich wollte mein Kind mal streng und „anständig“ erziehen. „Aber wie?“, fragte ich mich damals und jammerte manchmal vor ebenfalls verzweifelten Freundinnen darüber, dass ich doch eigentlich gar nicht weiß, wie das überhaupt geht: Erziehung.
Der Kleine guckte mir frech in die Augen und tat dann mit einem Grinsen im Gesicht das, was er nicht sollte. Auf dem Wohnzimmertisch stehen, die Kerzen werfen, hinter das Ofengitter krabbeln … Ich könnte immer weiter aufzählen.
Aber es geht ja hier nicht um die Fehler und Macken des Kindes, sondern um meine. Ich mache das mit der Erziehung einfach irgendwie. So wie mein Bauchgefühl es mir sagt – bis heute. Und eine Mischung aus „so bin ich aufgewachsen“ und „ich habe keine Geduld und Ausdauer mehr“. Sicher, das ist ganz genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Mir fehlt die Geduld, die Konsequenz.
Manchmal tat ich so, als ob ich nicht sehen würde, was der Kleine gerade machte, einfach damit ich keine halbstündige Diskussion beginnen musste. Da blieb ich manchmal einfach sitzen und ließ ihn einen Fehler machen, der ihm unter Umständen auch ein wenig weh tun könnte. Manchmal motzte ich ihn total übertrieben an, wenn er mich mal wieder trotzig biss. Ja, das war und ist nicht die richtige Methode, ich weiß.
Aber auch ich war nur eine Mama, die versuchte, mehr oder weniger „perfekt“ ihr Kind großzuziehen. Perfekt geht nicht, das ist mir schon klar. Aber meines Erachtens schaffte ich das nicht mal annähernd. Wenn ich nach dem zehnten Mal Ermahnen seinen Arm viel zu fest hielt und ihn vom Tisch zog, bereute ich danach oft mein Handeln. Es ist selbstverständlich nicht immer richtig, aber ich liebe meine Kinder über alles. So wie jede andere Mutter auch. Und es ist nicht immer leicht, offen und ehrlich zuzugeben, dass man nicht immer liebend im Kreise springt. „Aber du hast doch so ein liebes Kind“, bekam ich oft zu hören und gleich darauf noch ein schlechteres Gewissen. „Rabenmutter!“, brüllte mein Hirn.
Ich bin froh, gute Freundinnen zu haben, denen ich erzählen konnte, wenn ich mal wieder „richtig versagt“ hatte. Und es tut gut, Bestätigung zu bekommen. Ein einfaches „Ja, das habe ich auch so oft getan“ hilft Wunder – und man fühlt sich gleich nicht mehr so schlecht.
Vieles, was man hört, hat sich auch nicht geändert als meine Tochter Elli dann auf den Plan trat: Die sozialen Medien und das Fernsehen machen es nicht besser. Ständig werden einem neue Erziehungsmethoden, neue Studien, bessere Ergebnisse an den Kopf geworfen. Man wird überschüttet mit neuen Erkenntnissen über Erziehung, und heute wird plötzlich angeprangert, was gestern noch perfekt war. So soll man es machen. Nein so! Oder doch besser so? Leicht ist es nicht, und ich denke, man sollte stets auf seinen Bauch hören und mit dem Partner besprechen, was für einen selbst die beste Alternative ist. Das eigene Perfekt.
Alles, was eine Mama will, ist, nicht verurteilt zu werden. Das ist eine große Forderung, denn urteilen geht leicht, und schnell und oft merkt man nicht mal, dass man es gerade tut. Deshalb erinnere ich mich immer wieder daran, gerade bei Mamas und ihren Erziehungsmethoden eben NICHT zu urteilen, sondern es so hinzunehmen, wie ich das auch gerne möchte.
Eigentlich sitzen wir nämlich alle im selben Boot. In dem mit versagenden, imperfekten, Fehler machenden, erschöpften, liebenden Müttern.
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